





Remakes und Übersetzungen Kommentar
Niemand will mit mir in Deadpool
Der erste ,,Deadpool“ war im Jahr 2016 eine kleine Sensation. In einer Welt, die in ständiger Angst lebt keine Lust mehr auf Superheldenfilme zu haben, haben Ryan Reynolds und Tim Miller neuen Wind in das Genre und die Kinolandschaft generell gebracht. ,,Deadpool“ war sarkastisch, meta, und vor allem nicht jugendfrei. Der Film hat mit seinem weltweiten Einspielergebnis von knapp 800 Millionen Dollar gezeigt, dass man nicht auf die sichere Variante setzen muss, um erfolgreich zu sein.
Seit fast zwei Wochen ist der zweite Teil nun in Deutschland zu sehen und seit Tag eins will ich ins Kino. Trotzdem hat das erst heute geklappt.. warum?
Weil ich nicht alleine ins Kino gehe. Ich wünschte ich könnte! Das Stigma, dass Alleinschauenden anhaftet ist von außen betrachtet kompletter Nonsens. Die einzigen Leute, die einen Kinobesuch als soziale Erfahrung sehen sind genau die Arschlöcher, die man nicht da haben will, weil sie sich über drei Sitze hinweg miteinander unterhalten und ihr Handy nicht ausbekommen. Einen Film allein zu gucken ist an sich etwas völlig normales, aber doch nicht in der Öffentlichkeit!
Wie gesagt, ich bin nicht besser. Tagelang hab ich versucht gute Freunde und flüchtige Bekannte zu überreden sich mit mir ,,Deadpool 2″ anzusehen. Dass dies solang ohne Erfolg blieb könnte an einem von zwei Dingen liegen:
1. Ich bin eine sehr unsympathische Person, und während mir noch freundlich abgesagt wird, werden bereits Flyer an alle mir bekannten Leute verteilt, die zu einem gigantischen Public Viewing des Films einladen.
2. Wir leben in einem Land, das mehr Wert auf halbgare Massenunterhaltung legt als die Vermittlung künstlerische Intention.
Ich weiß, die zweite Variante klingt sehr hochgestochen und lässt euch wahrscheinlich eher zu ersterem tendieren. Verständlich! Mit jemandem der sowas schreibt würde ich mir auch zweimal überlegen ins Kino zu gehen. Trotzdem ist Nummer zwei die richtige Antwort, und Sympathie hin oder her, der Grund, der mir am öftesten für eine Absage gegeben wurde war ,,Ehhh eigentlich voll Lust, aber nich auf Englisch.“
An dem Punkt kommt dann die künstlerische Intention ins Spiel, da ich nicht denke, dass irgendjemand eine Idee besser vermitteln kann, als die Person mit der Idee selbst. Bei Filmen zeigt sich das meiner Meinung am öftesten in Remakes und Übersetzungen, die beide meistens das Ziel haben, einen alten oder ausländischen, aber erfolgreichen Film an einen größeren Markt zu bringen. Eigentlich eine gute Sache für die Kunst, da das Ursprungsprodukt ja an Aufmerksamkeit gewinnt, aber auch irgendwie ziemlich dumm, weil ein sinnloser Zwischenschritt gemacht wird. Statt einem Publikum zuzumuten, sich Filme mit ausländischen Schauspielern oder schlechterer Auflösung anzusehen, wird die Grundidee einfach neu verfilmt, was zwar im seltenen Fall zu guten (,,The Departed“), aber meistens zu sehr sehr schlechten (,,Robocop“; ,,Godzilla“;…) Endprodukten führt.
Zugegeben sind das alles Beispiele für Neuverfilmungen, aber auch etwas so harmloses wie eine Übersetzung kann zur starken Verwässerung einer Idee, einer kulturellen Referenz, oder auch nur eines Witzes führen. Jeder, der Serien wie ,,How I met your Mother“ sowohl auf Deutsch, als auch auf Englisch gesehen hat weiß, dass der Humor der Übersetzung nicht im Ansatz mit dem Original mithalten kann, und viele traurige versuchte Übersetzungen von Popkulturreferenzen am Ende eher verwirren als zum lachen bringen. Auch hier gibt es zwar positive Beispiele, bei denen sich viel Mühe gegeben wird, aber so oder so entsteht letztendlich etwas anderes als eigentlich erdacht.
Ich will niemandem verbieten Filme, Serien, Videospiele, Bücher oder Ikea-Regal-Bedienungsanleitungen auf Deutsch zu konsumieren, bei manchen dieser Beispiele ist das sogar ganz Sinnvoll. Ich verstehe auch, dass es eine Menge Leute gibt, die sich immer noch gerne abends vor den Fernseher setzen um einfach abzuschalten, und denen die Kunst dahinter nicht egaler sein könnte. Mein Problem liegt eher auf der Seite der Kinos und Filmvertreiber.
Bei uns wird es als völlig normal angesehen, dass jeder Furz der nicht deutsch genug klingt, sofort ins Synchronstudio kommt. In anderen Ländern ist das nicht so. In Schweden ist es zum Beispiel völlig normal, dass selbst die größten Blockbuster in Originalsprache und mit Untertiteln in die Kinos kommen. Abgesehen von Kunst und dem ganzen Tamtam ist das auch ein wirklich guter Weg den Bilingualismus zu fördern. Wenn nach dem Ursprung von gutem Englisch gefragt wird, ist die Antwort meiner Generation häufig, dass bei neuen Serien und Filmen nicht mehr auf die Synchronisation gewartet werden wollte. Dass dabei häufig auf illegale Methoden wie Streaming oder Torrenting zurückgegriffen wird, ist Indiz dafür, dass das Englische Angebot bei uns mehr als mangelhaft ist, obwohl durchaus Nachfrage besteht.
,,Deadpool 2“ ist übrigens ein perfektes Sequel. Alles was im ersten Teil klappt (Humor; Gewalt) wird hochgedreht, was nicht so gut funktioniert hat (Story) in gut schluckbare Dosierungen verpackt. Ob man nun den ersten oder zweiten Teil präferiert hängt am Ende davon ab, welches Format man bevorzugt: Klein und kompakt wie im ersten, oder groß und gegen die Wand wie im zweiten Film.
Letztendlich habe ich auch noch jemanden gefunden, der sich den Film mit mir ansehen wollte, übrigens mit der Begründung, man wolle besseres Englisch lernen.
30. MAI, 2018